Warum macht Listen-Abhaken eigentlich glücklich?
- Anna M. Dittus

- vor 3 Tagen
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Warum eigentlich?
Mit aquamarin-blauen Augen durchs Leben
Mein Name ist Anna Dittus. Ich bin 41 Jahre alt, vermutlich immer noch irgendwo zwischen akribischer Lebensanalyse und gepflegter Realitätsflucht unterwegs – heute allerdings ganz klar mal wieder ganz gepflegt in Sachen "Anna"lyse unterwegs:
Warum macht Listen-Abhaken eigentlich glücklich?
Es gibt genau zwei Arten von Menschen:
Die einen bekommen Glücksgefühle, wenn sie ein Häkchen setzen dürfen. Die anderen bekommen schon beim Wort „Liste“ Gänsehaut – und nicht die gute.
Und heute stelle ich Ihnen Ihre Frage gleich zu beginn: Zu welchem Team gehören Sie?
Ich gestehe: Ich bin Team Häkchen. Einkaufsliste, To-do-Liste, Geburtstagskalender, Geschenkeliste zu Weihnachten, Packliste für den Urlaub, Essensplan, Ideenliste für Kolumnen – ich schreibe alles auf. Immer. Überall. Am liebsten mit Stift in mein Kalenderbuch. (Apps habe ich auch ausprobiert. Aber ein durchgestrichenes Wort auf Papier ist zehnmal befriedigender als jedes digitale Checkmark-Symbol. Also finde ich.)
Ist das schon ein bisschen verrückt? Vielleicht. Aber kurz Tacheles: Wie oft haben Sie ohne Liste im Supermarkt gestanden, wollten „nur drei Sachen“ kaufen – und kamen mit sechs Tüten, aber ohne das eine Ding, das Sie am dringensten gebraucht hätten? Genau. Und wie oft haben Sie den Geburtstag einer Person vergessen, die Ihnen wirklich wichtig ist? Listen retten Freundschaften. Und schaffen perfekt gefüllte Vorratsschränke. Glauben Sie mir.
Natürlich kann man es auch übertreiben. Ich kenne Menschen (habe vielleicht schon mal in den Spiegel geschaut …), die würden am liebsten auch „Duschen“, „Trinken“ und „Atmen“ aufschreiben – nur damit am Ende des Tages wenigstens drei Punkte abgehakt sind. Klingt albern, aber dieses kleine Häkchen gibt einem wirklich ein absurdes Gefühl von Produktivität. Und mal ehrlich: Bei einer Liste, auf der nur „30 Minuten joggen, 100 Sit-ups, 3 Minuten Plank und 40 Burpees“ steht, sieht diese schon recht trostlos aus, wenn am Ende kein einziger Haken steht. Also lieber alles notieren und abhaken - und wenn am Ende Joggen, Burpees, Sit-ups und Planks übrig bleiben, hat man schlichtweg keine Zeit für Sport gehabt, weil so viele andere To Dos auf der Liste standen ... Wobei all diejenigen, die mich besser kennen, wissen, dass ich persönlich den Sport am liebsten und daher auch eher früher als später abhake.
Aber was machen eigentlich die Leute, die keine Listen schreiben? Wer von Ihnen fühlt sich angesprochen? Bitte einmal melden. Leben Sie nicht furchtbar ... naja, ich will ja nicht übertreiben, aber ja, leben Sie nicht irgendwie furchtbar gefährlich? Okay, Sie haben vielleicht keine unerledigten Punkte – aber (so stelle ich mir das zumindest vor) auch null Erinnerung daran, was Sie überhaupt erledigen wollten. Vor meinem inneren Auge spielt sich gerade folgender Film ab: Man putzt das ganze Bad, wäscht drei Maschinen Wäsche, macht den Abwasch – und am Ende fühlt es sich trotzdem an, als hätte man nichts geschafft. Warum? Weil es nirgendwo stand. Und was nicht auf der Liste steht, existiert bekanntlich nicht. Zumindest in meinem Universum.
Listenlose Menschen sagen auch oft so wilde Dinge wie: „Ich habe alles im Kopf.“ Und manche (ja, ich war in grauer Vorzeit selbst ein solches Individuum) haben das tatsächlich. Die sind ech krass unterwegs. Bei dem ein oder anderen frage ich dann ein wenig schelmisch nach: "Wirklich? ALLES? Okay, dann verraten Sie mir, was es gestern zum Mittagessen gab." Ich brauche dafür schon fast eine Gedächtnisstütze. Und kann dann ja alles auf meinen Einkaufslisten rekonstruieren - damit es nicht jede Woche dasselbe gibt. Aber zugegeben, das ist nicht lebenswichtig. Bei Omas Geburtstag, dem nächsten Tierarzt-Termin der Meerschweinchen, der akut wichtigen Heizölbestellung oder einer rapiden Zuendeneigung des Vorrats an grünem RedBull hört der Spaß aber dann doch auf. Ich sage nur: Mit Liste wäre das nicht passiert!
Aber Spaß beiseite: Ich finde, es gibt einen entscheidenden Vorteil, wenn man Listen schreibt: Sie schaffen Klarheit. Sie sortieren das Chaos. Sie nehmen dieser „Da war doch noch was“-Stimme im Kopf den Schrecken. Und verhindern Katastrophen. On top schenken sie uns kleine Glücksmomente – jedes Häkchen ein Mini-Dopamin-Kick.
Also, wie ist es bei Ihnen? Team Häkchen oder Team „wird schon irgendwie“? Und was war das Lustigste, Wichtigste oder Absurteste, das Sie jemals auf eine Liste gesetzt haben? Oder vergessen haben, weil Sie es nicht notiert haben?
In diesem Sinne: Bleiben Sie mir gewogen – und wenn Sie möchten, schreiben Sie sich für nächsten Sonntag gleich die neue Kolumnen-Ausgabe auf die Leseliste.
Herzlichst,
Ihre Anna Dittus
(41, liebt Chaos und Katastrophe – aber weiß durchaus zu schätzen, wie schön es ist, einen Punkt abzuhaken.)



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