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  • AutorenbildDie Textgestaltende

Die vier Elemente


Ladies und Gentlemen, schön, Sie noch einmal wiederzusehen. Vorstellen muss ich mich wohl nicht – mich dünkt, man kennt mich. Zumindest kennen Sie meinen Namen. Obwohl, wenn ich darüber nachdenke, ist den meisten von Ihnen sicherlich nur mein Vorname geläufig. Hihi, das wäre mit Sicherheit eine gute Frage in einer dieser Quiz-Shows im Fernsehen: Der Kandidat, der meinen vollen Namen in der richtigen Reihenfolge aufsagen kann, bekommt die Million.

Bitte entschuldigen Sie – leider durfte ich dem Witz in den letzten 100 Jahren nicht so viel Raum schenken, wie ich es gerne getan hätte. Was mich aber nicht davon abhielt, die ein oder andere Spitze wohlbedacht zu verteilen. Aber, so wie Sie sagen, kennen Sie mich ja und wissen: Die einen lieben mich dafür, die anderen rümpfen pikiert die Nase. So ganz unter uns: Mir persönlich ist das schnuppe! Aber das werden Sie wahrscheinlich ebenfalls wissen.

Doch zurück zu der gewagten These, Sie würden mich kennen. Ich behaupte, dass nicht! Wollen wir wetten? Ich werfe vier kleine Worte in den Raum, jeder greift zu Füllfeder und Papier – und am Ende sehen wir, inwieweit wir übereinstimmen. Es freut mich, dass Sie sich auf dieses kleine Spiel einlassen. Nun denn, es kann losgehen. Die vier magischen Worte lauten: Wasser, Luft, Feuer und Erde. Nun denn…


Lassen Sie uns mit dem Wasser beginnen. Wussten Sie, dass ich maßgeblich an der Konstruktion eines Bootes beteiligt war? Das war wirklich spannend, da können Sie sicher sein. Aber während meiner Zeit bei der Marine konnte schon einiges an Erfahrungen sammeln. Wissen Sie, die Kollegen aus der Reederei dachten anfangs sicher, dass ich ein wahrer Schnösel wäre, ein hochnäsiger Pinkel, mehr Schein als Sein – ich denke, Sie verstehen. Doch es war mir ein großes Vergnügen, sie eines Besseren zu belehren. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Und die Schiffstaufe war ein feines Spektakel.


Aber lassen Sie uns doch mit dem nächsten Element fortfahren – der Luft. Es gab eine Zeit, in der wurde mir alles ein wenig, wie soll ich es ausdrücken, zu viel. Zu eng würde es auch treffend umschreiben, wenn ich genauer darüber sinniere. Daher beschloss ich, Unterricht im Fliegen zu nehmen. Das war vielleicht eine Schau. Meine Familie schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Ich höre sie noch heute in meinen Ohren: Zu gefährlich, nicht standesgemäß – naja, Sie können es sich vorstellen. Aber ich setzte mich durch und die Stunden in der Luft, ganz alleine, fernab von Sorgen und Pflichten waren mit die schönsten in meinem Leben.


Selbstverständlich habe auch ich des Öfteren mit dem Feuer gespielt. Hätten Sie es mir zugetraut? Nein? Zugegeben, das liegt auch schon einige Zeit zurück. Dennoch bin auch ich nur ein Mann. Und das Glückspiel hat seine gierigen Finger ebenso nach mir ausgestreckt wie schöne Frauen in kurzen Röcken. Ob ich mir die selbigen verbrannt habe? Aber, aber, wo denken Sie hin; auch das Feuer war mir hold.


Kommen wir nun zum letzten Element: die Erde. Vielleicht erinnern Sie sich noch? Es gab einmal eine Zeit, in der ich fort war. Man schickte mich auf Weltreise – und das zu einer Zeit, als das Reisen noch nicht so komfortabel von Statten ging, wie Sie es heute gewohnt sind. Und ja, Sie haben richtig gelesen: Man schickte mich. Ob die Reise eine Bestrafung hätte darstellen sollen? Nun ja, das kann ich Ihnen heute gar nicht mehr mit Sicherheit sagen. Denn ich machte das Beste daraus – und lernte dabei die schönsten, einzigartigsten, entlegensten Ort unserer Erde kennen und meine Heimat umso mehr lieben. Ach, by the way: Wussten Sie, dass ich auf der wundervollen Insel Korfu geboren wurde? Nein? Auch ein schönes Fleckchen Erde…


Wasser, Luft, Feuer und Erde – na, lagen Sie richtig? Tja, wusste ich es doch, dass Sie mich nicht wirklich kennen. Nun denn, wie sieht es mit meinem Namen aus? Richtig, man nennt mich His Royal Highness Prince Philip, Duke of Edinburgh, geboren wurde ich als Prinz Philipp von Griechenland und Dänemark, ich war der Prinzgemahl der britischen Königin Elisabeth II., ich habe fast 100 Jahre jedes unserer Elemente in vollen Zügen genießen dürfen…

…und heute habe ich meine letzte große Reise angetreten.


P.S.: Bitte verzeihen Sie mir, an der Stelle mit dem Boot habe ich mir erlaubt, etwas zu flunkern. Es war ein etwas größeres Boot – genauer gesagt war es eine Yacht. Die Britannia. Ich habe sie so konstruiert, dass sie im Kriegsfall zum Hospitalschiff umgebaut werden konnte. Dazu kam es zu unser aller Glück nie. Die königliche Yacht, getauft von keiner geringeren als meiner geliebten Ehefrau, beförderte eben sie wie Mitglieder unserer Familie und verschiedene andere Würdenträger zu 696 Besuchen im Ausland und zu 272 Visiten in Großbritannien. Mein Sohn Prinz Charles und seine Holde, Diana Frances Spencer, verbrachten darauf ihre Flitterwochen– damals drückte ich ein Auge zu und ließ das einzige Ehebett auf das Schiff bringen, das dort jemals stand. Leider ohne langfristigen Erfolg, aber das wissen Sie ja. Und zu guter Letzt wurden mit „meinem Boot“ 1986 in Aden über 1.000 Flüchtlinge des Jemenitischen Bürgerkriegs evakuiert. So wie das Boot konzipierte ich auch mein Leben – ich war stets für alles gewappnet. 100 Jahre lang.

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