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  • AutorenbildTina Hauswald

Yuval Harari, erklär‘ uns die Welt!


Stell dir vor, du könntest mit einer Zeitmaschine in die Vergangenheit reisen – was würdest du tun? Was würdest du dir anschauen? Was würdest du herausfinden? Die Geschichte der Menschheit kommt uns so unglaublich lang vor, obwohl sie für die Erde nur ein einziger Wimpern-Schlag ist; eine Entscheidung, wohin ich reisen würde, fiele mir persönlich deshalb schwer. Aber warum sollten wir uns überhaupt entscheiden? Warum schauen wir uns nicht einfach die ganze Entwicklung an? Vom ersten Menschen bis zum heutigen Tag; es hat sich viel verändert… Wie kommunizierte der erste Mensch? Wie verhielt er sich? War er einsam? Wie unterscheidet er sich von uns? Wieso entschieden sich die Menschen dazu sich anzusiedeln? Und warum setzten sich unsere heutigen Systeme durch? Fragen über Fragen… Yuval Harari bietet Antworten: Er führt uns durch die Menschheitsgeschichte und erklärt uns, was wir sehen und warum es so geschieht - er ist unser Zeitreisen-Reiseführer. Steig mit mir ein, begib dich auf diese Reise in die Vergangenheit. Bist du bereit? Dann schnall dich an, und ich beginne die Uhr zurückzudrehen – Yuval Harari, erklär‘ uns die Welt!


Genau so habe ich mich gefühlt, als ich das erste Mal Eine kurze Geschichte der Menschheit von Yuval Noah Harari las. Es ist seitdem mein absolutes Lieblingsbuch – aber schon lange kein Geheimtipp mehr. Über zehn Millionen Menschen haben das Buch zuhause stehen und das in 50 unterschiedlichen Sprachen. Ein wahrer Erfolg – völlig zurecht, wie ich finde.


Aber warte mal - Worum geht es denn überhaupt?


Es handelt von uns – dem Homo Sapiens; besser gesagt: Warum wir so sind, wie wir sind, wie es dazu kam, und wie wir sein werden. Unsere „kurze Geschichte“ gliedert der Autor in vier Revolutionen: die kognitive Revolution (der Beginn von Kultur), die landwirtschaftliche Revolution (der Beginn von Landwirtschaft und Struktur durch kulturelle Ordnungen), die Vereinigung der Menschheit (der Beginn von Imperien und Weltreligionen) und die wissenschaftliche Revolution (Der Beginn von Kapitalismus, Forschung und Technologie).

Darüber hinaus beschäftigt sich Eine kurze Geschichte der Menschheit mit den großen Fragen unserer Existenz: „Sind wir die Krone der Schöpfung oder der Schrecken des Ökosystems?“, „Wie weit kann und wird unser Fortschritt gehen?“ und „Was passiert, wenn dieser außer Kontrolle gerät?“.

Harari lässt sich trotz der tiefsinnigen Fragen hier und da eine gewitzte, aber kritische Anmerkung nicht nehmen. Dass wir uns selbst Homo Sapiens – den weisen Menschen – tauften, bezeichnet er zynisch als „bescheiden“.


Witzig also, aber welchen Charakterzug hat das Buch sonst noch zu bieten?


„Die Kultur behauptet gern, sie verbiete »unnatürliche« Dinge. Aber aus biologischer Sicht ist nichts unnatürlich. Alles was möglich ist, ist definitionsgemäß auch natürlich. Eine unnatürliche Verhaltensweise, die den Gesetzen der Natur widerspricht, kann es gar nicht geben, weshalb es völlig sinnlos ist, sie verbieten zu wollen. Keine Kultur hat sich je die Mühe gemacht, Männern die Photosynthese oder Frauen die Fortbewegung mit Überlichtgeschwindigkeit zu verbieten.“

(S. 184)


Harari ist ehrlich, direkt und kümmert sich wenig um die Reaktion seiner provokativ formulierten Thesen. In diesen vier Sätzen löst er langwährende Argumente von verschiedensten Religionen auf, ganz ohne Scham oder den Versuch, das [CK1] zu verstecken. Und er tut es in einer so klaren, einleuchtenden Weise, dass ein Widerspruch schwerfällt. Dieser Charakter zieht sich durch das gesamte Buch: Den Erfolg des Menschen, sich an die Spitze der Nahrungskette zu befördern, bezeichnet Harari zum Beispiel als „Laune der Evolution“. Wie man unschwer erkennen kann, verschont er auch die Leser nicht, mit seiner durchleuchtenden Art zu enthüllen.


„Ob es uns gefällt oder nicht, wir gehören der großen und krawalligen Familie der Menschenaffen an.“

(S. 13)


An (nicht seltenen) Stellen wie diesen hält uns Eine kurze Geschichte der Menschheit nämlich selbst den Spiegel vor, um uns zu sagen, dass wir nur ein Mensch, nein, nur ein Affe oder auch nur ein kleiner Teil der Weltgeschichte – eben eine kurze Geschichte – sind.


Alles klar! - Und sag mal, warum verdient das Buch den Erfolg?


Ganz einfach: Auf nur 528 Seiten ganze 70.000 Jahre Menschheitsgeschichte zu beschreiben, zu analysieren und auf den Punkt zu bringen gleicht einem Meisterwerk. Wer jetzt denkt „Ohje, also doch ein kompliziertes Sachbuch!“, der irrt: Harari schafft es, komplexeste Sachverhalte aus Wirtschaft, Biologie, Historie oder Soziologie für jeden verständlich zu machen. Viele Wissenschaftler werfen ihm deshalb vor, zu vereinfachen oder Dinge auf die Spitze zu treiben – ich finde, er formuliert gezielte, spitze Thesen und ermöglicht allen Leser*innen eine Teilhabe daran. Das Buch regt zweifellos zum Nachdenken an: Es ermöglicht neue Perspektiven, Blickwinkel auf die Welt und unterhält dazu ungemein.


Wer sich also den großen Fragen der Menschheit stellen oder wissen will, warum Gossip überlebenswichtig ist, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Yuval Noah Hararis Werk ist eine Bereicherung für Kopf und Geist – sein Erfolg ein ehrlicher Verdienst.


Tina Hauswald

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